Ficus carica – Feigenbaum
Standort im Garten: Gruppe 12
Die Echte Feige ist ein sommergrünes Gehölz, das sich in unseren Breiten an geschützten Standorten zu einem bis zu 10 m hohen Kleinbaum entwickeln kann. Damit sie zuverlässig Früchte ausbildet, braucht sie v. a. milde Winter. Im Weinbauklima ist sie in der Regel ausreichend frosthart. Unter dem langen kalten Winter 2005/2006 haben allerdings auch im relativ milden Wiener Raum viele Feigenbäume stark gelitten. Meist regeneriert sich Ficus carica nach solchen harten Winterperioden aus den Wurzeln.
Im HBV werden die Pflanzen in Gruppe 12 durch eine Laubschüttung geschützt. Der Baum am Haupteingang steht im Schutz der Mauer und benötigt keine Winterschutzmaßnahmen.
Die ursprüngliche Heimat der Echten Feige wird im südwestlichen Asien vermutet. Sie wurde jedoch schon sehr früh in den Mittelmeerraum eingeführt. Es gibt Belege dafür, dass die Echte Feige schon 4000 vor Christus in Ägypten kultiviert wurde. Damit ist sie zusammen mit dem Maulbeerbaum (Morus, im Garten Gruppen 11, 12) und der Olive (Olea europaea) eine der ältesten Kulturpflanzen.
Die Echte Feige hat (in ihrer Wildform) aus botanischer Sicht eine besonders interessante und komplizierte Fortpflanzungsbiologie. Sie ist für die Bestäubung und Fruchtentwicklung auf die Symbiose mit der so genannten Feigen-Gallwespe (Blastophaga psenes) angewiesen. Es werden pro Jahr drei Blütengenerationen ausgebildet. In der ersten Generation, bei den so genanten Vorfeigen (= Profichi), gibt es männliche und kurzgriffelige weibliche Blüten. In die kurzgriffeligen weiblichen Blüten dieser Blütengeneration legt die Feigen-Gallwespe mit ihrem besonders langen Legestachel ihre Eier. Die jungen Larven leben vom Fruchtknotengewebe. Im Juni verlassen die nun bis zur Geschlechtsreife entwickelten Insekten die Blütenstände der Vorfeigen. Die Früchte dieser Vorfeigen, die im Juni/Juli reifen, sind hart und ungenießbar. Mit dem Pollen der in den Vorfeigen befindlichen männlichen Blüten behaftet fliegen die weiblichen Gallwespen (nur sie sind flugfähig) die Blüten der zweiten Feigengeneration (= Fichi) an. Hier finden sich nun ausschließlich besonders langgriffelige weibliche Blüten in den Blütenständen, männliche Blüten fehlen. Der Pollen stammt ja aus der ersten Blütengeneration, mitgebracht von den Gallwespen. Es erfolgt nun die Befruchtung und es entwickeln sich die genießbaren fleischigen Früchte. Sie reifen ab September. Eine Eiablage durch die Gallwespen ist in der zweiten Blütengeneration aufgrund der Blütenmorphologie erfolglos. Die Blüten der dritten Feigengeneration (= Mamme) werden im September angelegt. Sie enthalten nun ausschließlich kurzgriffelige weibliche Blüten, in die die Gallwespe wieder Eier legen kann. Diese überwintern in der Feige. Im nächsten Frühjahr schlüpfen in der Frucht weibliche und männliche Insekten. Die Befruchtung findet in der Mamme statt. Die weiblichen Insekten schlüpfen, fliegen aus und legen in die blühenden Profichi im Frühjahr ihre Eier ab.
Aus dem wilden Feigenbaum wurden zwei Kulturrassen entwickelt. Die so genannte Holzfeige oder Bocksfeige (Ficus carica var. caprificus) hat nur männliche und (kurzgriffelige weibliche) Gallenblüten. Sie trägt keine essbaren Früchte und dient ausschließlich zur Erhaltung der Gallwespe. Der "Essfeigenbaum" (Ficus carica var. domestica) hat sterile kurzgriffelige und fertile langgriffelige weibliche Blüten. Er bringt essbare Früchte hervor, und zwar bis zu drei Generationen pro Jahr. Allerdings gelangen nur eine oder zwei davon zur Vollreife. Um die Bestäubung durch die Gallwespen zu gewährleisten, war und ist es immer noch üblich, blühende Zweige der Bocksfeige zwischen die Zweige der Essfeige zu hängen.
Um die komplizierten Bestäubungsvorgänge zu umgehen, wurden inzwischen Feigensorten selektiert, die keine männlichen Blüten besitzen. Es gibt also keine Bestäubung. Trotzdem werden Früchte ausgebildet. Dieses Phänomen nennt man in der Botanik Parthenokarpie.