Magnoliengewächse – Magnolien und Tulpenbäume
Die Gattung Magnolia ist namensgebend für die Familie der Magnoliengewächse, zu der ausschließlich Gehölze zählen. Die Verbreitung der Magnoliengewächse weltweit ist in zwei weit voneinander getrennte Areale gegliedert. Sie kommen einerseits in Nordamerika vor und erreichen von dort nach Süden auch das tropische Amerika. Andererseits stammt eine Vielzahl von Arten aus dem asiatischen Raum, nämlich vom Himalaja bis nach Japan und bis ins westliche Malaysia. Diese für viele Pflanzenareale typische Verbreitungslücke entstand durch das Aussterben vieler Wärme liebender Sippen im Zusammenhang mit den Eiszeiten. Vor den Eiszeiten waren auch in Mitteleuropa Magnolien weit verbreitet. Die Gattung Liriodendron (Tulpenbaum) und Magnolia sind die zwei wichtigsten Gattungen innerhalb der Familie. Je nach wissenschaftlicher Einschätzung besteht die Familie sogar nur aus diesen beiden (in diesem Fall groß gefassten) Gattungen.
Magnoliengewächse dienen oft lehrbuchhaft als Beispiel für besonders ursprüngliche Pflanzen. Sie weisen einige Merkmale auf, die sie als "lebende Fossilien" charakterisieren. Dazu gehören die einfachen, ungeteilten Blätter und die großen, auffälligen Blüten, die sie für uns als Gartengehölze so attraktiv machen. Kaum ein anderer Baum, der in unserem Klima gedeiht, weist solch große Blüten auf! Der Blütenaufbau ist bei den Magnolien besonders typisch für ein "lebendes Fossil": Der Blütenboden ist von gestreckt-konischer Form; man kann hier noch sehr gut die Herleitung der Blüte von einer Achse mit spezialisierten Blättern erahnen. An dieser Achse finden sich die einzelnen Blütenglieder (Fruchtblätter und Staubbeutel) in schraubiger Anordnung. Ihre Anzahl ist oft groß und nicht konstant. Die Fruchtblätter stehen frei, sind also nicht miteinander verwachsen. Tulpenbäume zählen erdgeschichtlich zu den ältesten Laubbaum-Gattungen. Vorkommen sind seit der Kreidezeit nachgewiesen. Im Tertiär waren Tulpenbäume über die ganze Nordhemisphäre verbreitet; Fossilfunde belegen sie auch für Österreich.
Eine kleine Sammlung verschiedener Magnolien befindet sich im Botanischen Garten am unteren Ende der Systematischen Gruppe (dort Gruppe 1 und 2). Zwei Exemplare, eine Magnolia x soulangiana und eine Magnolia x loebneri sind über Jahrzehnte zu stattlichen Bäumen herangewachsen. Eine Stern-Magnolie (Magnolia stellata 'Royal Star'), drei Exemplare der Immergrünen Magnolie (Magnolia grandiflora), eine Großblättrige Magnolie (Magnolia macrophylla) und eine Schirm-Magnolie (Magnolia tripetala) sind dagegen noch vergleichsweise kleine Individuen. Weitere Magnolien finden sich im so genannten Host'schen Garten in Gruppe 29.
Die beiden Amerikanischen Tulpenbäume (Liriodendron tulipifera) in Gruppe 3 (Systematische Gruppe) gehören zu den beeindruckendsten Baumgestalten des Botanischen Gartens. Die Art wird schon in einer Bestandsliste von 1842 genannt. Ob es genau diese Bäume sind, die in der Liste von Stephan Endlicher (Gartendirektor von 1839-1849) aufgeführt sind, lässt sich nicht beweisen, wäre aber aufgrund ihrer Größe und ihres davon abzuleitenden Alters sehr plausibel. Die asiatische Schwesternart Liriodendron chinense wurde im Botanischen Garten 2015 im südlichen Gartenteil gepflanzt (Gruppe 31). Der junge Baum fühlt sich ganz offensichtlich wohl und zeigt gute Jahreszuwächse.
Das Gelingen der Kultur von Magnolien ist an einige wesentliche Standortansprüche gebunden: Magnolien lieben einen lockeren, gut durchlässigen, humosen, gleichmäßig frischen-feuchten Boden. Er sollte sauer bis maximal leicht alkalisch sein. Die Gelbfärbung der Blätter vieler Magnolien, die im Großraum Wien gepflanzt sind, ist auf den zu kalkhaltigen Boden zurückzuführen. Zu hohe pH-Werte (über 6,5) verursachen diese chlorotischen Schäden, Abhilfe schaffen physiologisch sauer reagierende Dünger (z.B. Ammoniumdünger, Ammonnitratdünger, Harnstoff-Dünger).
Magnolien vertragen keine Bodenbearbeitung im Wurzelbereich, da sie außerordentlich flach wurzeln. Bei der Kultur der Immergrünen Magnolie M. grandiflora ist zu bedenken, dass diese Art erst nach einigen Jahren anfängt zu blühen - hier heißt es also Geduld zu haben! Der (botanische) Name dieser etwas wärmehungrigen Art aus Florida ist Programm. Ihre Blüten können bis zu 25 cm Durchmesser aufweisen; sie öffnen sich ab frühestens Mai. Die meisten Magnolien-Arten blühen jedoch deutlich früher und sind damit jedes Jahr aufs Neue der Gefahr von Nachtfrösten ausgesetzt. Eine Frostnacht kann die Hoffnung auf eine besonders prächtige Magnolienblüte zunichtemachen – die Blüten reagieren sofort mit einer unschönen braunen Verfärbung. Die Pracht ist dann für dieses Jahr dahin.
Übrigens handelt es sich bei den Bäumen in der Wiener Kärntnerstraße, der Fußgängerzone zwischen Oper und Stephansplatz, auch um Magnolien. Bei der Neugestaltung des Straßenraums wurden dort im Herbst 2009 Magnolia kobus gepflanzt.