Bestäubung von Akelei-Blüten: die Verbindung von Entwicklung und natürlicher Selektion

Das Forschungsprojekt untersucht die Blütenform von verschiedenen Akelei-Arten anhand von Pflanzen im Botanischen Garten und anhand von Feldbeobachtungen in Nordamerika.

Aquliegia canadensis © M. Chartier

Aquilegia chrysantha © M. Chartier

Aquilegia flabellata © M. Chartier

Versuchsgarten © M. Chartier

Flower sample © M. Chartier

Aquilegia 3D-modell with landmarks © M. Chartier

Die außergewöhnliche Diversität der Blütenpflanzen und ihrer Blüten sind das Resultat der Co-Evolution von Blüten mit ihren tierischen Bestäubern. Blüten können sich im Laufe der Evolution an die Gestalt ihrer Bestäuber anpassen – je nach Gestalt der Bestäuber bringen sie dabei sehr verschieden aussehende Blüten hervor.

Ein Beispiel für unterschiedliche Blütenformen ist die Gattung Aquilegia (Akelei) aus der Familie der Hahnenfußgewächse, deren Blüten entweder von Bienen, Kolibris oder Nachtfaltern bestäubt werden. Die ersten Arten in der Stammesgeschichte der Akelei wurden dabei wahrscheinlich von Bienen bestäubt. Neue Akelei-Arten entwickelten sich dann vermutlich im Zusammenspiel mit der Bestäubung durch Kolibris. Aus letzteren Arten entwickelten sich dann weitere Akeleien, die von Nachtfaltern bestäubt wurden.
Das Projekt untersucht die Frage, wie die Unterschiede in den Akelei-Blüten entstanden sind, die zur Anpassung an verschiedene Bestäuber geführt haben. Eine Hypothese ist, dass die Entstehung neuer Blütenformen durch ein vorzeitiges Abbrechen oder durch eine Verlängerung des Entwicklungsprozesses der Blütenknospen begünstigt wurde. Diese "Heterochronie" könnte zum Beispiel einen Einfluss auf die Länge und Krümmung der Nektarsporne haben, die darüber entscheidet, ob verschiedene Bestäuber mit ihren unterschiedlich geformten Schnäbeln oder Rüsseln Zugang zum Nektar haben.
Zur Klärung der Hypothese werden Blüten im Knospenstadium daraufhin untersucht, ob sich bei ihnen schon die Abweichungen zeigen, die die ausgewachsenen Blüten charakterisieren. Dazu werden mit einem Computertomographen Aufnahmen von Akelei-Blüten gemacht. Daraus werden 3D-Modelle erstellt, die auf ihre Passform mit verschiedenen Bestäubern untersucht werden.
Um bestehende Wissenslücken in Bezug auf die Bestäubungsbiologie von Aquilegia zu füllen, wurden zu Beginn des Projektes außerdem Feldarbeiten am natürlichen Standort verschiedener Arten in Nordamerika durchgeführt.

Das Projekt ist einzigartig, da es sich gleichzeitig mit den detaillierten, dreidimensionalen Eigenschaften ganzer Blüten im Zusammenspiel mit ihren Bestäubern auseinandersetzt. Außerdem stellt es eine direkte Verbindung zwischen Blütenentwicklung und der durch Bestäuber beeinflussten Selektion her. Dadurch ermöglicht es neue Einblicke in das Wechselspiel von Blütenontogenie und der Selektion von Blütenmerkmalen durch die bestäubenden Tiere und hat das Potential, neue Wege zur Untersuchung der Blütenevolution und Diversifikation der Blütenpflanzen aufzuzeigen.

Projektleitung: Marion Chartier, Universität Wien