Flora von Österreich

Pannonische Gruppe © BGUW_R. Hromniak

Dictamnus albus – fruchtend © BGUW_R. Hromniak

Astragalus exscapus © BGUW_R. Hromniak

Viola tricolor spp. curtisii © BGUW_R. Hromniak

Gruppennummern: 36-37; teilweise: 38-43, 47

Nikolaus Thomas Host ließ im heute südlichsten Teil des Botanischen Gartens in den Jahren 1793-1834 eine umfangreiche "Flora Austriaca" anlegen, also eine Sammlung der in den damaligen Kronländern vorkommenden Pflanzenarten. Dieser Tradition folgend werden in diesem Gartenteil seit den 1990er Jahren Elemente einer "Flora von Österreich" entwickelt, die typische Lebensräume vor allem Ost-Österreichs und deren Pflanzenwelt repräsentieren.

Pannonische Gruppe

Auswahl bemerkenswerter Pflanzen aus der Umgebung Wiens (Gruppen 40 + 41, teilweise 38)

Im nordöstlichen Österreich (Weinviertel, Wachau, Marchfeld, Wiener Becken in Niederösterreich; Nord-Burgenland und östliches Mittelburgenland) wachsen auffällig viele Pflanzenarten, die es weiter westlich in Europa nicht gibt. Hier im Osten ist nämlich das Klima sommerwärmer und -trockener (kontinentaler).

Trotz dieses trocken-warmen (xerothermen) Klimas gibt es im gesamten pannonischen Gebiet (Große Ungarische Tiefebene und umgebende Hügelländer: vom Alpenostrand in Niederösterreich bis Siebenbürgen und von der Südslowakei bis zur Vojvodina) keine klimatisch bedingte waldfreie Vegetation (keine eigentlichen Steppen). Die Trockenrasen in diesem Raum sind vielmehr entweder durch den Boden (edaphisch) bedingt oder durch die Tätigkeit des Menschen (anthropogen) geschaffen worden aus den ursprünglich (außerhalb der Auen und Sümpfe) herrschenden trocken-warmen Eichenmischwäldern. Der Mensch ist ja im pannonischen Raum schon früh sesshaft geworden, er hat diese Wälder gerodet und sie in Extensiv-Weideland ("Puszta", Steppenweide) und Äcker umgewandelt. Viele Pflanzen aus den noch weiter im Osten liegenden echten (klimatisch bedingten) Steppen (z. B. südliche Ukraine: sogen. pontische Florenprovinz) sind in der Folge in diese Trockenlandschaft eingewandert.

Außerdem wachsen im österreichischen (westlichsten) Teil der Pannonischen Florenprovinz viele submediterrane Arten, das sind solche, deren Hauptverbreitung im Übergangsbereich zwischen dem mitteleuropäischen und dem mediterranen Gebiet sowie in der Bergstufe der Mittelmeerländer liegt (Klima: sommertrocken und winterkalt). Beispiele sind Flaum-Eiche und Diptam.

Zur pannonischen Trockenvegetation gehören also einerseits primäre Steppenrasen auf von Natur aus waldfreien, flachgründigen Böden über Fels, Schotter, Sand und Löss andererseits aber sekundäre Steppenrasen, die sich auf waldfähigen Standorten infolge der menschlichen Eingriffe (Rodung, Beweidung) eingestellt haben. Weitere Unterschiede werden bewirkt durch den geologischen Untergrund, durch die Kleinklimalage und durch die Art und Intensität der ehemaligen und heutigen Bewirtschaftung, sodass eine große Zahl recht verschiedenartiger Typen von pannonischen Trockenrasen entstanden ist: z. B. Felssteppen, Sandsteppen, Salzsteppen, Lösssteppen, Silikatsteppen; Rasensteppen, Wiesensteppen, Steppenbuschwaldsäume.

Die Umstellung der Landwirtschaft auf einseitigen Acker- und Weinbau im 20. Jahrhundert hat diese Landschaft mit ihrer bunten, artenreichen Vegetation und Flora bis auf sehr wenige, winzige Reste zerstört oder zum Verschwinden gebracht - in Ungarn wie in Österreich. Der Naturschutz bemüht sich heute, die pannonische Pflanzenwelt vor der völligen Vernichtung zu bewahren. Dennoch werden leider auch heute noch kostbare pannonische Trockenbiotope verwüstet und ihre Pflanzen damit ausgerottet: durch Umbruch (Umackern), Düngung und Intensivierung der landwirtschaftlichen Nutzung, durch Pestizide, durch Aufforstung, besonders durch Pflanzung von Robinien (= "Akazien"), durch Kommassierung, durch Straßenbauten, durch Müllablagerung, durch Sand- und Schotterabbau und Steinbruch, durch natürliches Zuwachsen mit Gehölzen, durch zu intensive Schafbeweidung, durch zu intensive Erholungsnutzung.

Nähere Information bietet der "Österreichische Trockenrasen-Katalog" (hrsg. von Univ.-Prof. W. Holzner u. a.; Grüne Reihe des Bundesministeriums für Gesundheit und Umweltschutz, Band 6; Wien 1986).
HBV, Univ. Prof. Dr. M. A. Fischer

Die Serpentingruppe

Potentilla crantzii var. serpentini © BGUW_R. Hromniak

Noccaea goesingensis © Knickmann

Tephroseris integrifolia ssp. serpentini © BGUW_R. Hromniak

Sempervivum pittonii © BGUW_R. Hromniak

Standort im Garten: Gruppe 47

Die Serpentin-Schaugruppe zeigt einen sehr speziellen Ausschnitt der Flora Österreichs.

Das Gestein Serpentin

Serpentin ist ein schwermetall- und wasserhaltiges Magnesiumsilikat. An Schwermetallen sind vor allem Eisen und Nickel enthalten. Der Name des Gesteins leitet sich von seiner graugrünen, schlangenhautartig gemusterten Färbung ab.

Pflanzen auf Serpentin

Durch die besondere Zusammensetzung des Gesteins Serpentin mit für viele Pflanzenarten giftigen Mineralien hat sich auf den daraus hervorgehenden Böden eine hoch spezialisierte Vegetation gebildet. Es gibt einige Pflanzenarten, die nur auf Serpentin wachsen, man spricht deshalb von "Serpentinvegetation". Solche Arten sind auf "normalen" Böden meist konkurrenzschwach und durch das sehr kleinräumige Vorkommen oft potentiell gefährdet.

Vorkommen in Österreich

In Österreich sind verschiedene Serpentinstandorte bekannt. Der berühmteste dürfte der burgenländische Serpentinstandort rund um Bernstein sein. Hier dienen die reichen Serpentinvorkommen als Grundlage für die Verarbeitung zu edlen Gebrauchs- und Ziergegenständen. Weitere Vorkommen gibt es in Niederösterreich (Wachau) und in der Steiermark (in größerer Menge bei Kraubath, Pernegg, Trieben und westlich von Rottenmann).

Anlage der Serpentin-Schaugruppe

Seit Herbst 2015 sind im Botanischen Garten der Universität Wien hochspezialisierte Arten von Serpentinstandorten in einer künstlich angelegten Schaugruppe zu sehen. Mehr als 30 verschiedene krautige Arten wurden gepflanzt. Es wurde dafür ein Bereich ausgewählt, der bezüglich der Exposition und der bereits vorhandenen größeren Gehölze (v.a. Rot-Föhre, Pinus sylvestris) die besten Voraussetzungen bot. Der Standort wurde so vorbereitet, dass es sowohl flachgründigere, steinigere Bereiche als auch etwas tiefgründigere Stellen gibt, um möglichst das gesamte natürliche Artenspektrum zeigen zu können. Aus den Serpentingebieten bezogenes Gesteinsmaterial gibt den Pflanzen die nötige mineralische Grundlage.

Pflanzen, die hier gezeigt werden, stammen ursprünglich aus den österreichischen Serpentingebieten und wurden im Garten über Jahre überwiegend aus Samen herangezogen. Besonders typisch sind u.a. die Serpentin-Karthäuser-Nelke (Dianthus carthusianorum subsp. capillifrons), das Serpentin-Steppen-Aschenkraut (Tephroseris integrifolia subsp. serpentini) oder das Serpentin-Crantz-Fingerkraut (Potentilla crantzii var. serpentini).

Forschungsprojekte